Frankenstärke: Ferien in der Schweiz? Unbedingt, sagt Büchel

veröffentlicht am Dienstag, 10.02.2015

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Wohin unsere Parlamentarier in die Skiferien fahren

Von Felix Schindler. Aktualisiert um 17:45

Muss ein schlechtes Gewissen haben, wer in der Eurozone Ferien gebucht hat? Das wollte baz.ch/Newsnet von 30 Nationalräten wissen. 22 haben geantwortet – und verraten ihre Feriendestinationen.

Die Teilnehmer, die Abwesenden

Die 30 Nationalräte wurden zufällig ausgewählt. Sie sind wie folgt auf die Fraktionen verteilt: SVP (8); SP (7); CVP (6); FDP (4); Grüne (3); GLP (1); BDP (1).

Die Anfrage erfolgte am Donnerstagmorgen. An der Umfrage teilgenommen haben Evi Allemann (SP, BE), Maria Bernasconi (SP, GE), Roland Rino Büchel (SVP, SG), Christophe Darbellay (CVP, VS), Dominique de Buman (CVP, FR), Yvette Estermann (SVP, LU), Daniel Fässler (CVP, AI), Doris Fiala (FDP, ZH), Urs Gasche (BDP, BE), Maja Ingold (EVP, ZH), Peter Keller (SVP, NW), Margret Kiener Nellen (SP, BE), Christian Lohr (CVP, TG), Isabelle Moret (FDP, VD), Natalie Rickli (SVP, ZH), Regula Rytz (Grüne, BE), Louis Schelbert (Grüne, LU), Silva Semadeni (SP, GR), Adèle Thorens (Grüne, VD), Manuel Tornare (SP, GE), Karl Vogler (CVP, OW), Beat Walti (FDP, ZH).

Entschuldigen liessen sich Lukas Reimann (SVP, SG) und Hans Egloff (SVP, ZH). Bis am Montagabend nicht auf die Anfrage reagiert haben Josias Gasser (GLP, GR), Beat Jans (SP, BL), Daniel Jositsch (SP, ZH), Christian Lüscher (FDP, GE), Roberta Pantani (SVP, TI), Walter Wobmann, (SVP, SO).

Die Berggebiete stecken in der schlimmsten Krise seit Jahrzehnten. Am 15. Januar wurden mit dem Ende des Euro-Mindestkurs die Skiferien in den ohnehin darbenden Wintersportorten schlagartig 20 Prozent teurer.

Dominique de Buman, Nationalrat, Vizepräsident der CVP Schweiz und Präsident des Schweizerischen Tourismus-Verbands (STV) sagt, die Kunden hätten bereits begonnen, ihre Ferien zu stornieren. «Es ist klar, dass die Sportferien unter der Aufhebung der Mindestgrenze zusätzlich leiden werden», sagt de Buman.

Ferien im Ausland moralisch nicht verwerflich

Sollten Schweizer nun die Berggebiete unterstützen und im Inland Ferien machen? Und: Ist es moralisch verwerflich, wenn wir bereits im Tirol gebucht haben? Das hatte baz.ch/Newsnet 30 zufällig ausgewählte Parlamentarier gefragt – und wollte ausserdem von ihnen wissen, wo sie selbst in die Ferien gehen.

22 haben geantwortet bis am Montag geantwortet, zwei liessen sich entschuldigen, sechs haben nicht reagiert (siehe Box). Mindestens in einem Punkt herrscht Einigkeit über die Parteigrenzen hinaus: Niemand braucht ein schlechtes Gewissen zu haben, weil er im Ausland Ferien buchte. Keiner der angefragten Nationalräte ist der Meinung, dass die Schweizer ihre Auslandferien nun umbuchen sollten.

«So stur muss man nicht sein», sagt der CVP-Präsident Christophe Darbellay. «Wir sind ein freies Land und jeder muss für sich entscheiden», sagt FDP-Nationalrätin Doris Fiala. Der Zürcher FDP-Nationalrat Beat Walti sagt, es gebe viele gute Gründe, auch im Ausland Ferien zu machen. Peter Keller (SVP, NW) schlägt Alternativen vor: «Schweizer Produkte einkaufen, mal auswärts essen gehen, einen Ausflug in der Umgebung unternehmen.»

Kritik an Schnäppchenjägern

Der Einzelne müsse sich keine Vorwürfe machen, da schliesslich die SNB den Entscheid getroffen habe, sagt die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Manuel Tornare (SP, GE) sagt, die Bürger seien nicht für die gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Turbulenzen verantwortlich. «Dagegen sollten diejenigen, denen wir die gegenwärtigen Schwierigkeiten verdanken, ein schlechtes Gewissen haben.»

Absolut bedingungslos stimmt das allerdings nicht für alle. Die Berner SP-Nationalrätin Evi Allemann zum Beispiel hofft, dass «man sich aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation Gedanken über sein Reiseverhalten macht» und dabei Ressourcenverbrauch und Umweltschutz stärker berücksichtige. Auch die Co-Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, sagt, ein schlechtes Gewissen sei zwar keine politische Strategie, aber es brauche nun innovative Unternehmen und kluge politische Rahmenbedingungen, um Ferien in der Schweiz für Einheimische attraktiver zu machen.

Aus zwei Parteien gibt es allerdings auch Kritik an die Adresse der Schnäppchenjäger. Karl Vogler, CSP-Nationalrat aus dem Kanton Obwalden, sagt: «Ich habe generell wenig Verständnis, wenn Ferien im Ausland gebucht werden, weil diese dort billiger sind.» In der Schweiz hohe Einkommen beziehen, im Ausland billige Ferien verbringen: «Diese Mentalität ist mir unverständlich und der Schweiz schädlich», sagt Vogler. Auch Maja Ingold, Zürcher EVP-Nationalrätin, redet den Schweizern ins Gewissen: «Ich frage mich schon, ob die Schweizerinnen und Schweizer überhaupt fähig sind zur Solidarität oder nur ein Haufen von Egos, die sich für die Allgemeinheit nicht verantwortlich fühlen.

Nicht vorschreiben, aber fördern

Auch in der Frage, ob die Schweizer die Berggebiete unterstützen sollen, schliessen sich parteipolitische Gräben: Wer kann, der soll Ferien in der Schweiz machen. Diesem Grundstatz widerspricht keiner der Befragten, trotzdem argumentieren sie utnerschiedlich. Neun sagten, es brauche jetzt ein Zeichen der Solidarität.

«Jetzt kann jeder konkret zeigen, dass er seinen Teil zur Bewältigung der schwierigen Situation beitragen will», sagt Roland Rino Büchel (SVP, SG). Isabelle Moret (FDP, VD) sagt, wer in der Schweiz Ferien buche, könne so seine Unterstützung in schwierigen Zeiten zeigen.

Auch der Genfer Manuel Tornare (SP) sagt, der Tourismus brauche jetzt einen «Zeichen der Solidarität für den Tourismus, wenn man diesen nicht schwächen will». Maja Ingold (EVP, ZH) sagt, man solle «der Versuchung widerstehen, auf Ferien in der Eurozone umzubuchen», dies würde dem ohnehin stark leidenden Tourismus zusätzlich schaden. Einige würden aber Ausnahmen gelten lassen, etwa wenn jemand Badeferien machen möchte (Urs Gasche, BDP, BE; Peter Keller, SVP, NW, Daniel Fässler, CVP, AI).

«Heimatferien vorzuschreiben, dürfte schwierig sein», sagt Silva Semadeni (SP, GR). Heimatferien fördern möchte aber rund die Hälfte der Befragten. Und einige beginnen gleich selbst damit: «Wenn man wandern und Ski fahren will, ist es in den Schweizer Bergen schlicht am schönsten», sagt Natalie Rickli. Auch ihre Parteikollegin Yvette Estermann sagt: «Warum in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah.» Die beiden Co-Präsidentinnen der Grünen, Regula Rytz und Adèle Thorens, SP-Frau Evi Allemann und ihre Parteikollegin Margret Kiener Nellen machen der Umwelt zuliebe vorwiegend Ferien in der Schweiz. Und Louis Schelbert erinnert daran, dass es schlicht auch weniger aufwendig ist als Reisen ins Ausland.

Wo die Parlamentarier in die Ferien gehen

Natürlich wollten wir auch wissen, ob die Parlamentarier selbst auch das tun, was sie predigen. Einzig Maria Bernasconi, Genfer SP-Nationalrätin sagt, sie habe in Frankreich Ferien gebucht, «weil mir das Land gefällt und ich ja schon mit einem Fuss dort lebe». Christian Lohr, Thurgauer CVP-Nationalrat, sagte, er mache seit jeher gerne Ferien in der Schweiz, reise im Zusammenhang mit seinen politischen Aktivitäten ohne schlechtes Gewissen auch in Zukunft ins Ausland.

Die meisten der befragten Parlamentarier haben uns ihre Ferienpläne offenherzig mitgeteilt. Beat Walti (FDP, ZH) besitzt eine Ferienwohnung in Graubünden, CVP-Präsident Darbellay ein Chalet im Val Ferret, von wo er auch gelegentlich twittert.

Maja Ingold (EVP, ZH) geht «wie gewöhnlich» eine Woche ins Engadin, Urs Gasche (BDP, BE) war wie jedes Jahr auf der Axalp oberhalb des Brienzersees. Margret Kiener Nellen (SP, BE) verbringt ihre Ferien in Wengen, Isabelle Moret (FDP, VD) im Waadtländer Skigebiet Leysin, Louis Schelbert (Grüne, Luzern) ziehts auf die Rigi und die Bündner SP-Nationalrätin Silva Semadeni nach Mürren. Adèle Thorens von den Grünen geht während der Schulferien mit der Familie in nahegelegene Skigebiete. CVP-Nationalrat und Tourismus-Verbandspräsident de Buman verbringt die Ferien «nicht im Ausland». Natalie Rickli (SVP, ZH) werde noch ein paar Wochenenden ins Bündnerland Ski fahren gehen. Karl Vogler (CSP, OW) geht zum Schneeschuhlaufen ins Unterengadin, von wo Daniel Fässler bereits zurückgekehrt ist.

Einige Parlamentarier müssen allerdings auf richtige Ferien verzichten. Roland Rino Büchel (SVP, SG) bleibt zu Hause, abgesehen von Kurzausflügen ins Toggenburg.

Evi Allemann (SP, BE) verbringt anstelle von Winterferien zwei Wochenenden in den Berner Alpen. Yvette Estermann (SVP, LU) hat «aktuell keine Ferien gebucht», Doris Fiala (FDP, ZH) fährt ebenfalls nicht in die Winterferien. «Leider», wie sie anfügt. Manuel Tornare (SP, GE) hat keine Zeit und Peter Keller (SVP, NW) schliesslich sagt kurz und bündig: «Keine Ferien. Ich arbeite.»

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