Ecopop will Rassismus-Vorwurf provozieren - Büchel reagiert locker

veröffentlicht am Montag, 10.11.2014

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Der Ausdruck «Birkenstock-Rassist» (Nationalrat Roland Büchel) wird auch nach dem Abstimmungskampf über die Ecopop-Initiative in Erinnerung bleiben.

Ecopop will Rassismus-Vorwurf provozieren

Ecopop will Rassismus-Vorwurf provozierenDer Verein Ecopop und einige seiner Kritiker liefern sich einen Abstimmungskampf, der eigentlich weit unter dem Niveau beider Parteien ist. Neustes Kapitel: Die Initianten und ihr aus Wissenschaftern zusammengesetztes Unterstützungskomitee haben sich in einem offenen Brief an die Präsidentin der Eidgenössischen Rassismuskommission gewandt. Sie rufen dazu auf, die Ecopop-Mitglieder wegen Verletzung der Rassismus-Strafnorm anzuzeigen.

Der Brief richtet sich explizit auch an Nationalrat Balthasar Glättli, Schriftsteller Alex Capus, Nationalrat Roland Rino Büchel, Nationalrätin Maria Roth Bernasconi sowie an die Journalisten Werner de Schepper, Daniel Binswanger und Jürg Altweg.

Glättli rückte Ecopop in einem Buch «Die unheimlichen Ökologen» in die Nähe der braunen Szene. Roth Bernasconi unterstellte dem Verein «geradezu eugenische Ziele». Capus hält das Volksbegehren für einen «fremdenfeindlichen und rassistischen Quatsch».

«Verwirrte Akademiker»

Der ärgste Kritiker ist aber SVP-Nationalrat Roland Büchel: «Ich bin sehr froh, dass die Birkenstock-Rassisten und verwirrten Akademiker des Ecopop-Initiativkomitees in der SVP-Fraktion eine Abfuhr erlitten haben», sagte er in der letzten Junisession, worauf Ecopop-Geschäftsführer Andreas Thommen prompt eine Klage einreichte. Büchel gewann auf juristischer Ebene in zweiter Instanz.

Büchel will den offenen Brief ignorieren und die Initianten nicht anzeigen. Das wäre nur Werbung für Ecopop, sagt er. «Ich bin nicht dazu zu haben, die Debatte auf diesem Niveau zu führen», sagt der St. Galler Nationalrat - seine Standardantwort auf Vorwürfe von Ecopop.

Angefangen hatte die Fehde, als Büchel nach einer Fraktionssitzung gegenüber einem Journalisten des St. Galler Tagblatts von «verwirrten Akademikern» sprach und das Zitat auch autorisierte.

Büchel hält die «Reaktionen auf seine Wortwahl» für übertrieben. In der SRF-Sendung «Giaccobo Müller» sei auch schon von «Max-Havelaar-Rassisten» die Rede gewesen.

Ganz weltfremd sei er übrigens nicht, meint der Nationalrat. Während mehrerer Jahrzehnte habe habe er immer wieder in Afrika gearbeitet, unter anderem in Mali oder Burkina Faso. Zuerst arbeitete er als konsularischer Beamter, später im Fussball-Marketing.

Apropos: Präservative habe er in Afrika vor allem in Form von Ballonen gesehen, mit denen die Kinder Fussball gespielt hätten.

Die Familienplanungs-Projekten seien sicher gut gemeint, hätten aber kaum konkreten Nutzen, sagt Büchel, der im Vorstand der Auslandschweizerorganisation sitzt. Eine spezielle Abneigung gegen Familienplanung habe er übrigens nicht.

Sieben ethische Thesen

Ecopop ist den Angriffen mit sieben ethischen Thesen entgegengetreten. Sie reichen vom gleichen Recht auf Leben aller Menschen bis zum Gebot, die Artenvielfalt nicht zu zerstören.

Man sei sich bewusst, dass der Verein «ein sehr heikles und historisch durch die Nazis äusserst belastetes Terrain beackert, das vielschichtiger und kontroverser kaum sein könnte», heisst es in dem Brief an die Rassismuskommission.

Wie Büchel hofft auch Geschäftsführer Thommen, dass die Diskussion anständiger wird: «Auf diesem Niveau diskutieren wir nicht mehr.»

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