Der Zorn der Auslandschweizer auf die Banken wächst - Büchel legt dar weshalb

veröffentlicht am Samstag, 16.08.2014

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Der Zorn der Auslandschweizer auf die Banken wächst

Immer mehr Banken setzen Auslandschweizer vor die Tür. Nicht nur jene in den USA. Nicht nur Steuersünder.

Zuerst traf es nur Kunden der UBS, nach 2008, als die US-Behörden gegen die Schweizer Grossbank zu ermitteln begannen. Jeder Schweizer, der in den USA lebte und in der Schweiz ein Konto oder Depot hatte, jeder US-Bürger mit Wohnsitz Schweiz, jeder Doppelbürger wurde plötzlich als Risiko eingestuft. Längst haben auch andere Banken die Daumenschraube angezogen. Auch jene, die fast ausschliesslich im Inland tätig sind: ­Raiffeisen etwa oder Kantonalbanken.

Da gibt es jenen ehemaligen St. Galler Polizisten, der sich nach der Pensionierung in Prag niedergelassen hat. Monat für Monat floss von seiner Pensionskasse die Rente auf sein Konto bei der Raiff­eisenbank. Bis zu dem Tag, an dem Raiff­eisen die Geschäftsbeziehung kündigte. Die Hauptschwierigkeit für Auslandschweizer ist in solchen Fällen zunächst, überhaupt noch eine andere Bank in der Schweiz zu finden, zu der man wechseln kann.

Jenen, die nirgendwo Unterschlupf finden, hat der Bundesrat bereits Ende 2009 in der Antwort auf eine Anfrage des Zürcher FDP-Nationalrats Ruedi ­Noser geraten, bei der Niederlassung ­einer Schweizer Bank im Ausland an­zuklopfen. Nur, die Pensionskasse des Polizisten in Prag weigerte sich, die Rente ins Ausland zu überweisen.

Jeden kann es treffen

Der Mann lebt in Tschechien, hat nichts mit den USA zu tun, ist nicht Doppelbürger, sondern einfach ein Schweizer, der im Ausland lebt. Einer von heute 732 000. Rund jede zehnte Schweizerin, jeder zehnte Schweizer lebt also jenseits der Schweizer Grenze.

«Jeder Schweizer ist heute ein potenzieller Auslandschweizer», sagt der St. Galler SVP-­Nationalrat Roland Büchel, der auch Vorstandsmitglied der Auslandschweizer-Organisation (ASO) ist. Er sagt damit, dass das Problem mit der Bank ­jeden Schweizer treffen kann, der auch nur vorübergehend ins Ausland zieht. Den einen wird das Konto gekündigt, den andern die Depotbeziehung, den Dritten die Hypothek. «Wer keine Hypothek mehr erhält, muss sein Haus verkaufen», sagt Büchel.

Der Bundesrat hat sich bisher trotz verschiedener parlamentarischer Vorstösse dem Thema gegenüber verschlossen gezeigt. «Kein Handlungsbedarf» antwortete er 2009 auf Nosers Anfrage. Dem Bundesrat stehe es nicht zu, auf die Geschäftspolitik einzelner Banken Einfluss zu nehmen.

Auch von einer 2012 eingereichten Motion von Nationalrat Büchel will die Landesregierung nichts wissen. Dieser verlangt, dass der Bundesrat Postfinance verpflichtet, allen Auslandschweizerinnen und -schweizern die Eröffnung eines Kontos zu vernünftigen Bedingungen zu ermöglichen.

«Unverhältnismässig und kaum rea­lisierbar», schreibt der Bundesrat in ­seiner Ablehnung des Vorstosses, weil Postfinance so «nicht nur die Geld­wäschereivorgaben einhalten, sondern auch die unterschiedlichen Rechts­ordnungen von etwa 200 Ländern ­prüfen» müsste.

Die Argumentation des Bundesrats erstaunt schon deshalb, weil Post­finance faktisch allen Auslandschweizerinnen und -schweizern Grunddienstleistungen anbietet. Und auf Anfrage teilt das Finanzinstitut mit: «Das möchten wir auch weiterhin aufrechterhalten.» Allerdings gibt es auch bei Postfinance Einschränkungen, etwa, wenn Auslandschweizer in Embargoländern wohnen oder in Staaten, gegen die Sanktionsbestimmungen bestehen.

Schlitzohren bleiben draussen

Und es gibt eine weitere Einschränkung. Es kann nur auf die Dienste von Post­finance zählen, wer eine «Deklaration zur Erfüllung der Steuervorschriften» unterzeichnet. Er oder sie bestätigt damit, dass die gegenwärtigen und künf­tigen bei Postfinance deponierten Vermögenswerte bei den Steuerbehörden deklariert sind.

ASO-Vorstandsmitglied Büchel stellt der Postbank denn auch ein gutes Zeugnis aus: «Anders als Raiffeisen und gewisse Kantonalbanken steht Postfinance ganz klar auf der guten Seite.»

Umso ­erstaunlicher ist es, dass der Auslandschweizerrat, das Parlament der ASO, gestern mit der Verabschiedung einer Resolution vom Bund verlangt, Post­finance zu Dienstleistungen an im Ausland lebende Schweizer zu verpflichten. Vermutlich trauen die Auslandschweizer den Zusicherungen des Berner Finanz­instituts nach den Erfahrungen mit Schweizer Banken nicht wirklich.

Vorstandsmitglied Büchel sagt, es gehe vor allem darum, die politischen Parteien und die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und den Druck zu erhöhen.

Raiffeisensprecher Franz Würth bestätigt, dass man die Geschäfts­beziehung mit im Ausland wohnhaften Kunden ­einschränke. Im Fokus stünden nicht die Auslandschweizer. Diese könnten aber betroffen sein.

(Tages-Anzeiger)

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