Bei Auslandschweizern fremdelt manche Schweizer Bank - Büchel bringt das Problem aufs Tapet

veröffentlicht am Dienstag, 29.07.2014

St. Galler Tagblatt, Rheintaler, Thurgauer Zeitung, Appenzeller Zeitung und div. Tagblatt-Kopfblätter; Luzerner Zeitung


Bei Auslandschweizern fremdelt manche Bank

Schweizer im Ausland stehen zunehmend vor dem Problem, dass ihre langjährige Schweizer Bank sie nicht mehr als Kunde will. Dies wegen angeblich «stetig zunehmender regulatorischer Vorschriften» in manchen Staaten. Die Auslandschweizer-Organisation fordert nun Gegenmassnahmen.

RICHARD CLAVADETSCHER

«Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass es uns (…) nicht mehr möglich ist, Geschäftsbeziehungen mit im Ausland domizilierten Kunden weiterzupflegen. (…) Aus diesem Grund lösen wir diese Geschäftsbeziehung gemäss Ziffer 14 unserer allgemeinen Geschäftsbedingungen auf.» Diese Zeilen sandte eine Rheintaler Raiffeisenbank mit «freundlichen Grüssen» dem «sehr geehrten» Herrn S. und forderte ihn auf, kund zu tun, wohin seine Vermögenswerte zu transferieren seien. Rentner S., langjähriger Kunde dieser Bank, wohnt seit seiner Pensionierung in Tschechien, dem Herkunftsland seiner Gattin.

Sonja Stieglbauer von Raiffeisen Schweiz bestätigt, dass Raiffeisen als «national tätige Bankengruppe» entschieden habe, «Geschäftsbeziehungen mit Kunden mit Wohndomizil Ausland, darunter auch Auslandschweizer, einzuschränken». Grund sei die stetige Zunahme regulatorischer Vorschriften und Rechtsunsicherheiten in den jeweiligen Staaten. Im Fokus stünden dabei nicht primär «die Auslandschweizer, sie können aber je nach Wohndomizil insofern betroffen sein».

Nicht nur Kunden in den USA

Raiffeisen ist allerdings kein Einzelfall, wie Sarah Mastantuoni, Co-Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), auf Anfrage sagt. Hätten am Anfang des Steuerstreits mit den USA vor allem Schweizer mit dortigem Wohnsitz reihenweise Konto-Kündigungen von ihren Schweizer Banken bekommen, erhielten inzwischen auch Auslandschweizer, die in anderen Staaten lebten, solche Schreiben von ihren Banken.

So gross ist das Problem für die immerhin fast 750 000 im Ausland lebenden Schweizer mit ihren Banken inzwischen, dass es das Thema beim Auslandschweizer-Kongress von Mitte August in Baden auf die Traktandenliste geschafft hat. Dies, nachdem die ASO in der Sache bereits erfolglos bei Bundesrätin Widmer-Schlumpf und bei der Bankiervereinigung interveniert hat.

Die unschöne Situation bestehe in der Tat, sagt Nationalrat Roland Rino Büchel (SVP/SG), der im Vorstand der ASO sitzt, auf Anfrage. Er erfahre immer wieder von solchen Fällen, so Büchel – zum Beispiel jenen von einem im Ausland lebenden Schweizer, der eine Rente einer Schweizer Pensionskasse erhalte. Diese zahle die Renten aber nur auf Schweizer Bankkonten aus. Da dem Rentner dieses aber gekündigt worden sei, habe der Mann nun «echt ein Problem».

Auch wenn wir in der Schweiz Vertragsfreiheit hätten, Banken sich ihre Kunden also aussuchen könnten, findet es Büchel nicht in Ordnung, dass die Geldhäuser selbst langjährige Geschäftsbeziehungen beenden – weil sie Unannehmlichkeiten mit der ausländischen Justiz befürchten.

Für Büchel steht ausser Frage, dass die Banken da rigoroser vorgehen, als sie eigentlich müssten. Störend sei zudem, «dass selbst Banken, die wir mit Steuergeldern retten mussten, solche Kunden hinauswerfen – Kunden, die doch auch mit ihren Steuern zur Banken-Rettung beitrugen».

Postfinance als halbe Lösung

Für Auslandschweizer, denen ihre Bank gekündigt hat, die aber eine Schweizer Bankverbindung benötigen, gibt es allerdings eine Lösung: Sie können bei der Postfinance, in Besitz des Bundes, ein Konto eröffnen. Postfinance tut dies auf freiwilliger Basis.

Eine Schwierigkeit bleibt: Postfinance bietet keine Hypotheken an, aus beruflichen Gründen vorübergehend im Ausland lebende Schweizer Bürger haben jedoch nicht selten Grundbesitz in der Schweiz. «Eine Hypothek kann man aber nicht einfach ins Ausland zügeln», gibt Mastantuoni von der ASO zu bedenken.

Kommt noch dazu: Ob die Postfinance auch in Zukunft bereit sein werde, Auslandschweizern mit Konten zu Diensten zu sein, könne er nicht garantieren, sagte gestern Postfinance-Sprecher Marc Andrey gegenüber Schweizer Radio SRF.

Nationalrat Büchel genügt das freiwillige Entgegenkommen der «Bundes-Bank» deshalb nicht. Er hat bereits im Dezember 2012 eine Motion eingereicht, in der er diese Freiwilligkeit in eine Verpflichtung mit gesetzlicher Grundlage überführen will. Die Motion ist von den Räten noch nicht behandelt; der Bundesrat beantragt Ablehnung.

Vorstoss geplant

Der ASO genügt Büchels Motion indes nicht. Am Auslandschweizer-Kongress sollen nun die Weichen für einen weiteren politischen Vorstoss gestellt werden. Im Visier diesmal nicht nur die Postfinance, sondern alle Schweizer Banken.

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