Blocher-Rücktritt - Büchel begrüsst das konsequente Handeln

veröffentlicht am Freitag, 09.05.2014

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Die SVP hatte für den Wahlkampf 2015 eine gemässigtere Gangart vorgesehen. Daraus wird wohl nichts: Christoph Blocher bläst zum Kampf gegen die EU-Pläne des Bundesrats. Was seine Parteikollegen dazu sagen.

Von Claudia Blumer, Lynn Scheurer.

Nachdem die SVP bei den Wahlen 2011 erstmals seit Längerem Wähleranteile verloren hatte, ging die Partei über die Bücher. Es folgten personelle Erneuerungen und intensive parteiinterne Diskussionen über Strategien und den Kommunikationsstil. Für die kommenden eidgenössischen Wahlen im Herbst 2015 wurde in der Folge der Berner Nationalrat Albert Rösti zum Wahlkampfleiter ernannt: ein Mann des gemässigten Auftritts.

Inzwischen haben sich die Umstände aber wieder verändert. Mit dem Rücktritt von Christoph Blocher als Nationalrat und dessen Ankündigung, in der Oppositionsrolle die EU-Pläne des Bundesrats zu bekämpfen, stehen der SVP aufgeheizte Debatten ins Haus. Was bedeutet das für die Partei?

«Reaktion auf Absichten des Bundesrats»

Inhaltlich werde sich für die SVP nichts verändern, sagt Albert Rösti auf Anfrage von baz.ch/Newsnet. Das Verhältnis der Schweiz zur EU sei ein Kernthema der SVP, das ohnehin auf der Wahlkampfliste der Partei gestanden hätte. Es habe zusätzlich an Brisanz gewonnen, nachdem Bundesratsmitglieder Absichten geäussert haben, eine weitere Abstimmung zu den bilateralen Abkommen durchzuführen.

Nach dem 9. Februar sei er davon ausgegangen, dass der Bundesrat die veränderte Ausgangslage anerkennt und danach handelt, sagt Rösti. Nun zeige sich das Gegenteil. Eine gewisse Emotionalisierung im Wahlkampf sei deshalb wohl nicht zu vermeiden, um der Bevölkerung klarzumachen, «dass hinter der vorgesehenen Paketlösung des Bundesrats der EWR steckt».

Er könne nur für den Wahlkampf der SVP sprechen, sagt Rösti. Und der könne durch allfällige Kampagnen von Christoph Blocher sinnvoll ergänzt werden. Wie Blochers Massnahmen konkret aussehen, wisse er aber noch nicht.

«Wir sind bestimmt nicht die kompliziertesten»

Christoph Blocher gab als Begründung für seinen Rücktritt an, die Effizienz des Parlamentsbetriebs habe sich stark vermindert.

Der St. Galler Nationalrat Roland Büchel sagt dazu, im Parlament werde tatsächlich zu viel Gewicht auf Nebensächlichkeiten gelegt. Büchel sagt aber auch, dass die Schweizer Politiker sich in punkto Effizienz besser schlagen als ihre Berufskollegen im Ausland. «Verglichen mit anderen Ländern gebe ich unseren Politikern durchaus ansprechende Noten, wir sind bestimmt nicht die kompliziertesten.»

Da es in der Schweiz nicht nur Machtpartei und Opposition gebe, müsse man Kompromisse suchen. «Das braucht manchmal Zeit aber damit kann ich leben», sagt Büchel. Er war in knapp zwanzig Ländern tätig und hatte dabei laut eigenen Aussagen viel mit Politikern zu tun – etwa bei seiner Arbeit für den konsularischen Dienst oder bei der Organisation von Sportanlässen.

«Blocher hat zu wenig Geduld»

Der Bündner SVP-Nationalrat Heinz Brand sagt, er könne nicht nachvollziehen, ob sich die Effizienz der Parlaments tatsächlich so stark verschlechtert habe, wie Blocher sagt. Mit Blick auf die Zukunft sagt Brand: «Es ist durchaus möglich, dass Blochers Abwesenheit im Parlament zu moderateren Beschlüssen führt.» Dass man in gewissen Positionen den Kompromiss vorziehe und nicht die parteipolitische Grundlinie, die er an Blocher sehr schätze. Er bedaure Blochers Rückzug, auch wenn er für ihn «nicht überraschend» komme, sagt Brand. Er habe schon seit längerem festgestellt, dass Blochers Stimmung abnehme.

«Blocher hat als Unternehmertyp zu wenig Geduld, alle Meinungen anzuhören», sagt der Thurgauer Nationalrat Hansjörg Walter. Es gebe zwar nicht mehr Subkommissionen oder Sitzungen im Nationalrat als früher - wohl aber mehr Fraktionen und damit mehr Wortmeldungen. Er sei dankbar, dass sich Blocher «auf die Hauptfragen» konzentrieren wolle, bedaure aber gleichzeitig sein Ausscheiden aus dem Nationalrat.

Laut Roland Büchel ist Blochers Rücktritt aus dem Nationalrat ein konsequenter Schritt: «Wenn er für diese Arbeit nicht mehr genügend motiviert ist, geht er besser, anstatt - wie andere - seine Zeit im Rat abzuhocken.»

«Die Kräfte konzentrieren»

Albert Rösti sagt, er habe wie andere Fraktionsmitglieder nichts von Blochers Rücktritt gewusst und sei überrascht worden. Den Entscheid könne er aber nachvollziehen, es sei sinnvoll, die Kräfte zu konzentrieren. Dasselbe sagt der Aargauer Nationalrat Luzi Stamm. «Für Christoph Blochers politische Aktivitäten ist es gut.» Das zeige das Beispiel von Ulrich Schlüer, dessen Einfluss sich nach der Aktivzeit im Nationalrat vergrössert habe, sagt Stamm. Für die SVP spiele es keine Rolle, ob Blocher im Parlament oder ausserhalb politisiere, sagt Stamm. Das werde sich weder positiv noch negativ auswirken.

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