Die Schweiz widmet Russland eine Sondermarke

veröffentlicht am Donnerstag, 27.03.2014

Basler Zeitung, TagesAnzeiger online, Bund online, andere


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Die Schweizer Post feiert Freundschaft zu Russland

Widersprüchliche Signale ins Ausland: Die Post widmet der schweizerisch-russischen Beziehung eine Sondermarke.

Der Bundesrat hat gestern die Ein­ver­leibung der Halbinsel Krim durch ­Russland verurteilt. Gleichzeitig feiert die Post diesen Freitag mit der Prä­sentation von Sondermarken das 200-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen Schweiz–Russland. Die Eidgenossenschaft sendet widerprüchliche Signale.

Es geht um die Gemeinschaftsausgabe eine Sondermarke, die kommenden Freitag im Kundenmagazin der Post, «Die Lupe», vorgestellt wird. Russland gibt eine Briefmarke mit dem Zytglogge-­Turm in Bern als Sujet heraus, auf der Schweizer Marke ist der Kazansky-Turm in Moskau dargestellt. Der Ausgabetermin ist für den 21. Mai vorgesehen, wie die Post gegenüber der BaZ bestätigt.

Das Timing gab zu reden

Die Post hätte aber keinen ungünstigeren Termin für die Vorstellung ihrer Sondermarken wählen können. Gestern diskutierte der Bundesrat über eventuelle Sanktionen gegen Russland (siehe Box). Aussenminister Didier Burkhalter betonte danach vor den Medien, zum 200-Jahr-Jubiläum seien zwar sehr viele Anlässe vorgesehen. Der Bundesrat werde aber seine Beziehungen zu Russland nicht intensivieren. Mit anderen Worten: Zurückhaltung ist geboten. In Burkhalters Departement ist man deshalb über den Termin für die Präsentation der Sondermarke nicht erfreut. «Es gab eine Anfrage der Post, was wir davon halten», erklärt EDA-Informationschef Jean-Marc Crevoisier auf Anfrage. Das EDA empfahl der Post, die Vorstellung der Sondermarken auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die Post winkte jedoch ab.

«Wir bedauern das ungünstige ­Timing», sagt Oliver Flüeler, Leiter Post-Medienstelle. «Wir wurden von den Ereignissen überrollt.» Die Schweizer Post habe vor circa anderthalb Jahren mit der russischen Post die philatelistische Spezialität der Gemeimschaftsausgabe einer Briefmarke beschlossen. Man habe in den letzten Tagen besprochen, ob man die Aktion wegen der Ereignisse in der Ukraine und auf der Krim stoppen solle. Doch man sei dann zur Überzeugung gekommen, dass «wir gerade damit ein politisches Signal gesetzt und uns nicht mehr neutral verhalten hätten», so Flüeler.

Eine Sistierung schafft Irritation

Der Postsprecher weist auch darauf hin, dass die Schweiz und Russland Gründungsmitglieder des Weltpostvereins sind. Seit 1874 würden die beiden Länder postalische Beziehungen unterhalten und postalische Dienste aus­tauschen – ungeachtet der politischen Situation. Russland habe seit 1874 einige politische Umbrüche erlebt, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Postgesellschaften sei dadurch aber nicht beeinträchtigt worden. Ob angesichts der aktuellen Ereignisse eine offizielle Übergabe der Sondermarken stattfindet, konnte Flüeler noch nicht sagen.

Und was sagen Politiker dazu? «Das ‹richtige› Timing beherrschen vor allem die Russen», findet CVP-Aussenpolitiker Gerhard Pfister (ZG). Vor den Olympischen Spielen in Sotschi habe sich das Land brav auf die Weltgemeinschaft eingestellt, inklusive Amnestien. Hinterher habe man nationale Interessen durchgesetzt. «Die wichtigsten Anlässe zur 200-Jahr-Feier der diplomatischen Beziehungen Schweiz–Russland sind um Sotschi herum durchgeführt worden, weitere grosse Sachen sind meines Wissens nicht mehr geplant, ausser jetzt halt dieser Briefmarke.» Natürlich sei der Zeitpunkt schwierig.

«Noch schwieriger fände ich aber das Signal und die Wirkung einer Sistierung einer solchen Briefmarke. Das schafft nur Irritationen, die auch nicht weiterhelfen», sagt Pfister. Die Schweiz müsse einfach glaubwürdig machen, dass sie zur Ukraine ebenso die diplomatischen Beziehungen pflege wie zu Russland.

Der Vizepräsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates, Roland Rino Büchel (SVP, SG) findet, die Schweiz unterhalte sehr lange diplomatische Beziehungen mit Russland. In einer solchen Beziehung gebe es bessere und schlechtere Zeiten. Wenn die Post dazu jetzt auch eine Sondermarke herausgebe, habe er nichts dagegen einzuwenden. Das Timing sei vorgegeben: «Die 200 Jahre sind nun halt einmal in diesem Jahr», sagt Büchel.

(Basler Zeitung)

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