Büchel ist klar gegen Sanktionen gegen Russland

veröffentlicht am Dienstag, 18.03.2014

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Sanktionen oder Neutralität: Schweizer Politiker uneins

von S. Hehli/L. von Meiss (Video) - Die Schweiz soll Sanktionen gegen Russland verhängen, fordern Kathy Riklin (CVP) und Aline Trede (Grüne). Das widerlaufe der Neutralität, finden Roland Rino Büchel und andere Aussenpolitiker.

Die EU und die USA machen ernst – und verhängen wegen des Ukraine-Konflikts Sanktionen gegen Russland. Nun erheben sich auch im Bundeshaus Stimmen, die verlangen, dass die Schweiz nachzieht. CVP-Aussenpolitikerin Kathy Riklin sagt: «Die Schweiz soll zusammen mit der EU und den anderen westlichen Staaten klare Sanktionen gegen Russland ergreifen.» Es gehe nicht an, dass Moskau die Krim einfach annektiere. Gleicher Meinung ist Aline Trede. Sanktionen seien die einzige Möglichkeit, mit denen Bern jetzt noch Einfluss nehmen könne.

Die Nationalrätin meint halb im Scherz, die Schweiz solle die Schoggi-Lieferungen einstellen und russische Touristen nicht mehr ins Land lassen – aber das wäre nicht sehr effizient. «Stattdessen könnten wir Gelder von Entscheidungsträgern zurückbehalten, die in den Konflikt involviert sind.»

Gute Dienste leisten – und vermitteln

Anders sieht es SP-Nationalrat Carlo Sommaruga. Der Präsident der aussenpolitischen Kommission plädiert für Abwarten, denn für Sanktionen sei es noch zu früh. Zudem solle die Schweiz nicht einfach die EU-Haltung übernehmen, weil sie zu dieser nichts habe beitragen können, so der Genfer. «Sollte Russland aber einen Anschluss der Krim akzeptieren, wäre das eine klare Verletzung des internationalen Rechts – und die Schweiz müsste überlegen, wie sie reagiert.»

Die Schweiz hat derzeit den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Organisation und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) inne. Diese Plattform solle Burkhalter nutzen, sagt dessen FDP-Parteikollegin Christa Markwalder. Die OSZE sei einst gegründet worden, um den Ost-West-Konflikt zu entschärfen: «In dieser Tradition sollte die Schweiz jetzt ihre guten Dienste anbieten und vermitteln.» Die russische Aggression sei in aller Deutlichkeit zu verurteilen – aber das könne man auch verbal, so Markwalder. «Wir haben alle kein Interesse an einer weiteren Eskalation oder gar einem Krieg.»

«Vermitteln schliesst derartige Sanktionen aus»

Auch SVP-Aussenpolitiker Roland Rino Büchel findet es nicht sinnvoll, dass sich die Schweiz nun auf die Seite des Westens schlägt. Natürlich könne man sich fragen, wie demokratisch das Referendum auf der Krim abgelaufen sei. «Aber die Umstände sind nicht so gravierend, dass die Schweiz als neutrales Land jetzt Sanktionen ergreifen sollte.»

CVP-Nationalrätin Riklin entgegnet, dass die Schweiz selbstverständlich vermitteln müsse. «Aber das schliesst Sanktionen nicht aus: Es braucht immer Zuckerbrot und Peitsche.»

Bundespräsident und Aussenminister Didier Burkhalter hat laut seinem Sprecher Jean-Marc Crevoisier die von den USA und der EU verhängten Sanktionen zur Kenntnis genommen. Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das FDP-Magistrat Johann Schneider-Ammann untersteht, werde nun einen Vorschlag an den Gesamtbundesrat ausarbeiten. Dieser werde sich in der nächsten Woche zu allfälligen Sanktionen äussern, so Crevoisier.

Rolle als Vermittlerin in Gefahr

Die Schweiz als Mitglied des Schengenraums dürfte die von der EU verhängte Einreisesperren für einzelne russische Funktionäre automatisch mittragen, wie Dieter Ruloff erklärt. Der emeritierte Professor für Internationale Beziehungen geht aber davon aus, dass der Bundesrat auf weitere Sanktionen verzichtet. «Als OSZE-Vorsitzende könnte sie solche kaum rechtfertigen, da Russland Mitglied der Organisation ist.»

Zudem geriete die Rolle als Vermittlerin in Gefahr. Darauf könne die Schweiz gegenüber Brüssel und Washington verweisen, so Ruloff. «Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass die Schweiz sie sich gar nicht gross über Sanktionen den Kopf zerbrechen muss.»

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