Büchel sagt Nein zu ständig neuen Verboten

veröffentlicht am Donnerstag, 22.12.2011 01.00 Uhr

diverse Regionalradios in der Deutschweiz und im Tessin


Wegen des folgenden Votums, das ich heute im Nationalrat hielt, wollten verschiedene Radiostationen wissen, warum ein Nichtraucher sich so dezidiert gegen unsinnige Rauchverbote einsetzt:

"Rauchen tut nicht gut. Es gehört mit zum Schlimmsten, was wir unserem Körper antun können. Ich habe deswegen entschieden, darauf zu verzichten und in meinem Leben noch nie eine Zigarette angezündet.

Ich unterstütze jeden im Entscheid, nicht mit dem Rauchen anzufangen oder damit aufzuhören. Dass sich Nichtraucher nicht dem Rauch aussetzen müssen, finde ich richtig. Darum bin ich für ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen.

Nun kommen wir zu meinem „Aber“:

Die Initiative, die jetzt auf dem Tisch liegt, hat mit Vorschriften für ein Verhalten in „öffentlichen Räumen“ kaum etwas zu tun. Sie kommt zwar unter dem attraktiven Titel „Schutz vor Passivrauchen“ daher, greift jedoch massiv in unseren privaten Bereich ein und will auch dort bestimmen, was wir zu tun und zu lassen haben.

Worum geht es inhaltlich? Die Initiative will den Schutz vor Passivrauchen in der Verfassung verankern, das ist vordergründig ein hehres Motiv.

Es geht darum, das Rauchen in Innenräumen zu verbieten, wenn sie als Arbeitsplätze dienen. Was heisst das konkret?
Wird die Initiative angenommen, so werden es nicht mehr die Unternehmen und ihre Mitarbeiter sein, mündige Menschen also, die miteinander reden und beschliessen, ob an ihren Arbeitsplätzen geraucht wird oder nicht. Nein, der Staat soll auch dort befehlen.

Das geht definitiv zu weit.

Weil die Gesundheit für die Allermeisten von uns ein sehr wichtiges Gut ist, müssen die Entscheide dazu von jedem Einzelnen getroffen werden. In einer Gemeinschaft, die ihre Mitglieder als mündig betrachtet, kann und soll der Gesetzgeber die Verantwortung für individuell zu treffende Beschlüsse nicht übernehmen.
Geschätzte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, trauen Sie unseren Bürgern doch zu, dass sie hinstehen und sagen, was sie wollen oder was eben nicht!

Nehmen wir ein Beispiel: Es käme doch niemandem in den Sinn, in meinem Büro oder in meiner Wohnung zu rauchen. Warum? Ganz einfach, weil ich nicht will, dass jemand in meinem Büro oder in meiner Wohnung raucht. Das muss ich halt zum Ausdruck bringen.

Soll ich denn in Zukunft die Polizei einschalten, wenn jemand in meinen Arbeitsräumen eine Zigarette anzündet?
Wo kommen wir denn hin, wenn wir für jeden persönlich zu treffenden Entscheid nach dem Staat rufen?
Wo kommen wir denn hin, wenn wir vom Morgen bis am Abend Verbote erfinden?

Bevor einige von Ihnen die rhetorischen Messer wetzen und den Unmenschen in mir verdammen, erzähle ich Ihnen das Folgende:

Im August letzten Jahres fuhr ich mit dem Velo von morgens 7 bis abends 7 Uhr die alte Gotthardstrasse, die Tremola, hinauf und hinunter. Es handelte sich um das so genannte „Race against Cancer“ anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Krebshilfe. Für die Teilnahme zahlte ich ein paar Tausend Franken aus der eigenen Tasche. Dutzende weitere Sportler taten das Gleiche.

Ich machte mit, weil ich – wie wohl viele von Ihnen – tragische Krebsfälle im engsten Familienkreis miterleben musste.
Bei dieser Initiative geht es jedoch nur vordergründig um Krankheitsfälle, die vermieden werden sollen.

Heute müssen wir den mündigen Stimmbürgern eine Empfehlung abgeben: Sollen sie massiven Eingriffen in das private Leben zustimmen oder nicht? Das ist die Frage.

Vorgestern sagte Bundesrätin Doris Leuthard, dass der Staat eine Velohelmpflicht vorschreiben müsse, weil – ich zitiere - «nicht alle Menschen nach der Vernunft handeln». Damit fand sie in diesem Parlament zum Glück kein Gehör.

Ich bin sehr froh, in einem Land zu leben, in dem die Menschen sehr wohl in der Lage sind, eigene Entscheide zu treffen.

Darum bin ich überzeugt, dass unsere Bürgerinnen und Bürger diese neuen Verbote nicht brauchen.
Dutzende überfürsorgliche Organisationen betreiben seit Wochen eine ausgeprägte Lobbyarbeit für die Initiative. Zu schlechter Letzt gab es auch noch die Ratschläge von der „Eigenössischen Kommission für Tabakprävention“. Auf offiziellem Bundespapier, notabene.

Wir sollten es mit unnötigen Verboten nicht übertreiben – und klar dagegenhalten.

Ich bin überzeugt, dass in diesem Saal viele Menschen politisieren, für die der Begriff „liberal“ nicht nur eine Worthülse ist sondern auch einen Inhalt hat.

Ich bin überzeugt, dass in diesem Saal viele Menschen mit der Grundhaltung politisieren, dass ein selbstverantwortliches, vernünftiges Zusammenleben die bessere Variante ist als das fast pausenlose Kreieren von immer neuen Verboten.
In diesem Sinne bitte ich Sie, den Stimmbürgern ein kräftiges Nein zu empfehlen."

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